Der Tag des Posaunenblasens – Rosch ha-Schana


Psalm 98,6

Mit Trompeten und dem Schall des Horns jauchzt vor dem König, dem HERRN!

 

Psalm 89,16

Wohl dem Volk, das den Jubelschall (hebr. terua) kennt! O HERR, im Licht deines Angesichts wandeln sie


Der Tag des Posaunenblasens ist das fünfte Fest in Gottes Festzyklus.

 

Historisch gesehen gedenkt das Volk Gottes am Tag des Posaunenblasens an das Blasen des Schofars, was den Zeitpunkt des bürgerlichen oder zivilen jüdischen Neujahres markiert und gleichzeitig die Erschaffung der Welt und des Menschen feiert.

 

Prophetisch gesehen weist der Tag des Posaunenblasens auf die Auferstehung aus den Toten und die Entrückung der Heiligen hin, wenn der Messias am Himmel als Bräutigam erscheint, der zu seiner Braut, die Gemeinde, kommt. Die Entrückung wird in der Bibel immer mit dem Erschallen einer lauten Posaune verbunden.

 

Der Tag des Posaunenblasens zählt zu den sogenannten „Hohen Feiertagen“ oder „Hochheiligen Tagen“, die im Hebräischen als „Jamim Nora'im“ bekannt sind. Diese Bezeichnung bedeutet „Tage der Ehrfurcht“ oder „furchterweckende Tage“ und weist auf die geistliche Ernsthaftigkeit dieser Zeit hin, die Selbstreflexion und Buße/Umkehr beinhaltet.

 

Name

Der Tag des Posaunenblasens hat verschiedene Namen.

 

• „Tag des Posaunenschalls“ (3Mo 23,24; 4Mo 29,1) = Jom Terua (יום תרועה)

 

Jom“ bedeutet „Tag“ und „terua“ bedeutet „Kriegsschrei“ oder ein „Kriegs-, Alarm- oder Freudenschrei“.

 

„Jom Terua“ ist der ursprüngliche Name des Festes und bezieht sich auf das Blasen des Schofars, das an diesem Tag als besonderes Gebot erfolgt. Er steht symbolisch für das Wecken und die Umkehr des Volkes. Im heutigen Judentum wird das Fest so genannt, weil es die Juden dazu aufruft, sich ihrer Sünden zu erinnern und Buße zu tun, noch bevor der große Versöhnungstag, Jom Kippur, beginnt.

 

Andere Bezeichnungen hierfür sind:

• Tag des Posaunenblasens

• Tag des aufweckenden Blasens

• Tag des Schofarblasens

• Tag des Lärmblasens

 

 

• „Haupt des Jahres“ oder „Anfang des Jahres“ auch „Kopf des Jahres“ = Rosch ha-Schana (ראש השנה)

 

Rosch“ bedeutet „Haupt“, „Anfang“ oder „Kopf“ und „Schana“ bedeutet „Jahr“.

 

Andere Bezeichnungen hierfür sind:

• Posaunenfest

• Neujahrsfest

 

Rosch ha-Schana ist somit das Haupt des Jahres. Dabei handelt es sich um das „bürgerliche“ oder „zivile“ Neujahr.

 

Der hebräisch-biblische Kalender hat zwei „Neujahrstage“ und somit zwei „Zeit- und Festzyklen“.

 

▸ Lies auch unseren Beitrag „Die zwei Zeitzyklen im hebräisch-biblischen Kalender

 

Das „heilige Jahr“ beginnt im Frühjahr mit dem Passahfest (Pessach), und das „bürgerliche Jahr“ beginnt im Herbst mit dem Fest des Posaunenblasens (Rosch ha-Schana), ähnlich wie es das Kirchenjahr und das bürgerliche Jahr gibt.

 

 

Andere Bezeichnungen für das Fest

Es gibt noch andere, weniger bekannt Bezeichnungen für das Fest:

 

• „Gedächtnistag des Posaunenschalls“ oder „Erinnerungstag durch Lärmblasen“ auch „Gedenken des Posaunenschalls“ = Zichron Terua, auch Sikron Terua (זכרון תרועה)

 

An einem Schabbat war keine Arbeit erlaubt, somit konnten auch die Hallposaunen nicht geblasen werden, man konnte nur daran gedenken.

 

 

• „Tag der Erinnerung“ oder „Der Tag des Gedenkens“ = Jom ha-Zikaron (יום הזכרון)

 

3. Mose 23,24

Rede zu den Kindern Israels und sprich: Im siebten Monat, am ersten des Monats, soll ein Ruhetag für euch sein, ein Gedenken unter Hörnerschall, eine heilige Versammlung

 

Dies erinnert an das Gebot, daran zu denken, das Schofar (Terua) zu blasen, um Gott zum König des Universums zu krönen. Gott denkt an uns und wir sollen an Gott auf allen unseren Wegen denken. Man gedenkt ebenso der Sünden des letzten Jahres und bekennt sie einander.

 

 

• „Tag des Gerichts“ = Jom ha-Din (יום הדין)

Jeder Jude unterläuft nach jüdischer Tradition an diesem Tag einem geistlichen Gericht Gottes, und Gott beschließt, ob der Betreffende weiterleben darf oder während des kommenden Jahres stirbt. Es gibt zwölf Monate im Jahr und zwölf Stämme in Israel. Jeder Monat des jüdischen Jahres hat seinen repräsentativen Stamm. Der Monat Tischri ist dem Stamm Dan zugeteilt. Das ist von symbolischer Bedeutung, denn als Dan von Rachels Magd Bilha geboren wurde, sagte sie in 1. Mose 30,6: „Da sprach Rahel: Gott hat mir Recht verschafft (dannani) und meine Stimme erhört...“. „Dan“ und „din“ (wie in Jom ha-Din), werden beide aus der gleichen Wortwurzel abgeleitet, aus der hervorgeht, dass Tischri die Zeit des göttlichen Gerichts und der Vergebung ist. Ebenso hat jeder Monat des jüdischen Kalenders ein Tierkreiszeichen (hebr. mazal). Das Tierkreiszeichen für Tischri ist die Waage, das Symbol für den Tag des Gerichts.

 

Wann

September–Oktober (1. Tischri/Ethanim)

 

Der Tag des Posaunenblasens wird jährlich am 1. Tischri im Herbst gefeiert. Kurz darauf folgen die anderen beiden Herbstfeste: Jom Kippur, der Versöhnungstag, am 10. Tischri und das Laubhüttenfest, das am 15. Tischri beginnt.

 

Nach jüdisch-biblischer Zeitrechnung beginnt der Tag um 18:00 Uhr abends und endet um 18:00 Uhr am nächsten Abend. Der Tag beginnt also am Abend und endet am Abend. Mit den Festen ist es genauso. Es beginnt abends (bei Sonnenuntergang) und endet am nächsten Abend (bei Abenddämmerung).

 

2024/5785: Sonnenuntergang, Mi. 02. Oktober – Abenddämmerung Fr. 04. Oktober (1–2. Tischri)

2025/5786: Sonnenuntergang, Mo. 22. September – Abenddämmerung Mi. 24. September (1–2. Tischri)

2026/5787: Sonnenuntergang, Fr. 11. September – Abenddämmerung So. 13. September (1–2. Tischri)

2027/5788: Sonnenuntergang, Fr. 01. Oktober – Abenddämmerung So. 03. Oktober (1–2. Tischri)

2028/5789: Sonnenuntergang, Mi. 20. September – Abenddämmerung Fr. 22. September (1–2. Tischri)

 

Hinweis: Vor dem babylonischen Exil hieß der Monat Ethanim.

 

 

Warum wird das Fest an zwei Tagen gefeiert?

In biblischen Zeiten war der Tag des Posaunenblasens ein eintägiges Fest. In der Diaspora, also in den jüdischen Gemeinden außerhalb Israels, wurden jedoch einige Feste um einen zusätzlichen Tag erweitert. Dies lag an der Unsicherheit des hebräisch-biblischen Kalenders, da der Beginn jedes Monats ursprünglich von der Sichtung des Neumondes abhing. Diese Datierung war oft schwierig, besonders bei bewölktem Himmel oder fehlenden Zeugen. Bei Rosch ha-Schana war dies noch komplizierter, da das Fest genau auf den ersten Tag des Monats, also den Neumond, fiel und es schwierig war, die jüdischen Gemeinden rechtzeitig zu informieren. Um Missverständnisse zu vermeiden, wurde Rosch ha-Schana über zwei Tage gefeiert, eine Tradition, die bis heute auch in Israel beibehalten wird.

 

 

Die Verbindung mit dem Vormonat Elul

Mit dem Vormonat Elul beginnt eine besondere Zeit. Die Herbstfeste beginnen mit einem 40-Tage dauernden Zeitabschnitt, der im Hebräischen „Teschuwa“ genannt wird, was „Buße tun“ oder „umkehren“ bedeutet. Dieser Zeitraum beginnt an Rosch Chodesch Elul (1. Elul) und endet nach 40 Tagen zu Jom Kippur am 10. Tischri. Diese 40-tägige Periode wird auch als „Jemei Ratzon“ (Tage der Gunst) bezeichnet. Jeden Morgen während der 30 Tage des Monats Elul wird daher das Schofar geblasen, um die Menschen zu erinnern, zu warnen und zur Umkehr zu Gott zu rufen.

 

Nach 30 Tagen Teschuwa, wird am 1. Tischri Rosch ha-Schana gefeiert, was in den September oder Oktober des gregorianischen Kalenders fällt. Das Fest beginnt, wie alle biblischen Festtage, am Abend des Vortages, den man „Erew“ (Vorabend), also „Erew Rosch ha-Schana“ nennt.

 

Mit Rosch ha-Schana beginnt dann eine zehn Tage dauernde Schlussphase, die mit Jom Kippur endet. Diese Tage werden „Jamim Nora'im“ genannt und stellen innerhalb des jährlichen Festzyklus die Zeit dar, die in der größten Ernsthaftigkeit, Nachdenklichkeit und Ehrfurcht begangen wird. Der Schabbat, der in diese Tage fällt, wird „Schabbat Schuwa“, der „Schabbat der Umkehr“ genannt.

 

Lies auch unseren Beitrag „Schabbat Schuwa – Der Schabbat der Umkehr

 

Bibelstellen

• 3Mo 23,23-25 (Einsetzung des Festes)

• 4Mo 29,1-6 (besondere Opfer des Festes)

• Psalm 81 (Aufruf zum Schofarblasen)

• Esr 3,1-6 (Wiederaufbau des Altars am Tag des Posaunenblasens)

• Neh 8,1-2 (das gesamte Gesetz – 2Mo 20 bis 5Mo 28 – wurde vor dem Volk gelesen!)

 

Synagogenlesungen:

Rosch ha-Schana (Tag 1)

Tora: 1Mo 21,1-34; Maftir: 4Mo 29,1-6; Haftara (Propheten): 1Sam 1,1–2,10; NT: 1Thes 4,13-18; 1Kor 15,51-54 (nur messianische Gemeinden)

 

Rosch ha-Schana (Tag 2)

Tora: 1Mo 22,1-24; Maftir: 4Mo 29,1-6; Haftara (Propheten): Jer 31,1-19; NT: 1Thes 4,13-18; 1Kor 15,51-54 (nur messianische Gemeinden)

 

Der Maftir-Teil (Maftir bedeutet Abschluss) ist die abschließende Lesung aus der Tora. Es ist der Tora-Teil, der einen Feiertag einführt oder die Opfergaben des Feiertags spezifiziert.

 

Zu Rosch ha-Schana wird in den Synagogen-Gottesdiensten die Botschaft über die Geburt Isaaks (1Mo 21,1-7), die spätere Ausweisung Hagars und Ismaels (1Mo 21,8-21), die im Gesetz zum Festtag angeordneten Vorschriften (3Mo 23,23-25; 4Mo 29,1-6) und die Geschichte der Geburt Samuels (1Sam 1,1-28) mit dem Lobpreis seiner Mutter Hanna (1Sam 2,1-10) verlesen.

 

Hintergrund

In 3. Mose 23 wird vom Tag des Posaunenblasens berichtet. Die folgende Stelle beschreibt das Fest sehr einfach und ist weder lang noch kompliziert:

 

3. Mose 23,23-25 

23 Und der HERR redete zu Mose und sprach: 24 Rede zu den Kindern Israels und sprich: Im siebten Monat, am ersten des Monats, soll ein Ruhetag für euch sein, ein Gedenken unter Hörnerschall, eine heilige Versammlung. 25 Ihr sollt keine Werktagsarbeit verrichten, sondern dem HERRN ein Feueropfer darbringen

 

Israel erhielt das Gebot, diesen Tag durch das Blasen der Schofarot zu begehen und ihn als Schabbatruhe zu halten (3Mo 23,23-25). Am Tag des Posaunenblasens durfte also zu biblischen Zeiten nicht gearbeitet werden.

 

Die biblische Anweisung für die an diesem Tag im Tempel dargebrachten Opfer ist kurz und präzise (4Mo 29,2-6). Zum Fest wurde ein besonderes Brandopfer dargebracht, bestehend aus einem Jungstier, einem Widder und sieben einjährigen Lämmern. Zusätzlich wurde ein Ziegenbock als Sündopfer dargebracht. Diese Opfer kamen zu den regulären täglichen Opfern (4Mo 28,1-8) und den Opfern, die bei Neumond fällig waren (4Mo 28,11-15), hinzu.

 

Zur Zeit des Tempels in Israel wurden die silbernen Trompeten während der Brand- und Friedensopfer geblasen, wie es im mosaischen Gesetz vorgeschrieben war:

 

4. Mose 10,10

Aber an euren Freudentagen, es sei an euren Festen oder an euren Neumonden, sollt ihr in die Trompeten stoßen bei euren Brandopfern und euren Friedensopfern, damit an euch gedacht wird vor eurem Gott; ich, der HERR, bin euer Gott.

 

Während die Opfer zum Altar gebracht wurden, ertönten die silbernen Trompeten der Priester, wie sowohl die Bibel (2Chr 29,27-28) als auch der Historiker Josephus Flavius (Jüdische Altertümer 3.12.6) belegen.

 

Außerdem wurde zusätzlich ein Priester bestimmt, das Schofar zu blasen. Dieser stand in einer Reihe mit den Priestern, welche die silbernen Trompeten stießen, und befand sich dem Altar gegenüber. Das Schofar ertönte in einem langen, durchgehenden Ton, während die silbernen Trompeten in kurzen Stößen zu den täglichen Opfern erklangen.

 

Mehr als 100 Priester waren am Tag des Schofarblasens mit den verschiedenen Morgen-, Abend-, Neumond- und Festopfern beschäftigt. Als die feierlichen Trankopfer auf dem Altar dargebracht wurden, begann der Chor der Priester, Psalm 81 zu singen, den feierlichen Psalm des Tages des Schofarblasens:

 

Psalm 81,3-4

3 Stimmt ein Lied an und nehmt das Tamburin zur Hand, die liebliche Laute samt der Harfe! (Ps 33,2) 4 Stoßt am Neumond in das Horn, am Vollmond, zum Tag unseres Festes!

 

Der Ablauf des Tages des Schofarblasens wird in der Bibel an zwei Stellen beschrieben. Der Schriftgelehrte Esra berichtet, dass am Tag des Posaunenblasens der Altar im Tempel wieder aufgebaut wurde und die aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrten Israeliten erneut mit den Opfern begannen (Esr 3,1-6). Laut Nehemia fand nach dem Wiederaufbau der Mauern Jerusalems eine große Erweckung statt, als Esra am ersten Tag des siebten Monats dem ganzen Volk das Gesetzbuch vorlas (Neh 7,72–8,13).

 

 

Der Geburtstag der Welt und des Menschen

Der Tag des Posaunenblasens wird in der jüdischen Tradition nicht nur als Fest des HERRN, sondern auch als der Geburtstag der Welt und der Menschheit betrachtet.

 

Obwohl die Welt und der Mensch an unterschiedlichen Tagen geschaffen wurden, wird Rosch ha-Schana als Geburtstag der Welt gefeiert, weil der sechste Tag – der Tag der Erschaffung des Menschen – als Höhepunkt der Schöpfung betrachtet wird.

 

Dies basiert auf alten rabbinischen Überlieferungen und Kommentaren im Talmud. Ein berühmter rabbinischer Kommentar im Talmud sagt diesbezüglich: „Im Tischri wurde die Welt erschaffen“ (Rosch ha-Schana 10b). Dies bedeutet, dass Rosch ha-Schana der Tag ist, an dem die Schöpfung der Welt begann.

 

Darüber hinaus gibt es weitere rabbinische Quellen, die lehren, dass Rosch ha-Schana nicht nur den Geburtstag der Welt markiert, sondern auch genau den Tag darstellt, an dem der Mensch erschaffen wurde. Demnach ist dieser Tag nicht nur der Beginn der physischen Schöpfung, sondern auch der Geburtstag der Menschheit, als Gott Adam und Eva ins Leben rief. Somit erinnert Rosch ha-Schana an den Beginn der Beziehung zwischen Gott und den Menschen.

 

Der Tag des Posaunenblasens steht also symbolisch sowohl für die Schöpfung der Welt als auch für den Beginn der Menschheit. Er markiert den Start der Ordnung und des Lebens. In dieser Tradition wird Rosch ha-Schana als ein Tag der Neuanfänge und der göttlichen Herrschaft über die Schöpfung gefeiert, und zugleich als Zeitpunkt, an dem sich die Menschheit ihrer Verantwortung vor Gott bewusst werden soll.

 

 

Die Tage der Buße und Umkehr

In der jüdischen Tradition werden die zehn Tage zwischen Rosch ha-Schana und Jom Kippur, als „Tage der Buße“ oder „Tage der Ehrfurcht“ bezeichnet (Asseret Jemei ha-Teschuwa; Zehn Tage der Umkehr). Nach jüdischem Glauben entscheidet in diesen zehn Tagen ein göttliches Gericht darüber, ob eine Person im kommenden Jahr weiterleben oder sterben wird. Man glaubt, dass Gott zu Rosch ha-Schana (am 1. Tischri; an Jom ha-Din) die Bücher des Gerichts öffnet und am Jom Kippur (am 10. Tischri) das endgültige Urteil fällt. Diese Zeit gilt als die letzte Chance für Sünder, aufrichtig umzukehren, bevor Gottes Urteil für das kommende Jahr besiegelt wird.

 

Nach der jüdischen Überlieferung werden zu Rosch ha-Schana drei Bücher geöffnet: das Buch des Lebens für die Bösen, das Buch des Lebens für die Gerechten und ein Buch für diejenigen, die dazwischen stehen. Nachdem Gott, der Richter des Universums, die Taten des vergangenen Jahres betrachtet hat, wird jede Person in eines dieser Bücher eingetragen. Das Urteil für die Bösen ist unwiderruflich: Sie werden im kommenden Jahr ihr Leben verlieren. Die Gerechten hingegen erhalten in Gottes Gnade ein weiteres Jahr voller Segen. Für diejenigen, die weder in das Buch der Gerechten noch der Bösen eingetragen sind, wird das endgültige Urteil auf Jom Kippur verschoben. Wenn sie während dieser „Tage der Ehrfurcht“ aufrichtig Buße tun und umkehren, wird ihnen das Leben für ein weiteres Jahr gewährt. In dieser Zeit begrüßt man sich mit dem Gruß: „LeSchana towa tikatewu“, was bedeutet: „Mögest du für ein gutes Jahr [ins Buch des Lebens] eingeschrieben werden!“️

 

Diese Überlieferung hat ihre Wurzeln in der Bibel. König David schrieb:

 

Psalm 69,29

Tilge sie aus dem Buch des Lebens; sie sollen nicht eingeschrieben sein mit den Gerechten!

 

Der Prophet Mose bat Gott:

 

2. Mose 32,32-33

32 Und nun vergib ihnen doch ihre Sünde; wenn aber nicht, so tilge mich aus deinem Buch, das du geschrieben hast! 33 Der HERR sprach zu Mose: Ich will den aus meinem Buch tilgen, der gegen mich sündigt!

 

Da die „Tage der Buße“ eine Zeit der ernsten Selbstreflexion und inneren Prüfung sind, sind freudige Aktivitäten wie Hochzeiten und Feste in dieser Zeit verboten. Solche Ereignisse werden gewöhnlich auf die Zeit nach Jom Kippur verschoben.

 

 

Die Bußgebete (Selichot)

Die Bußgebete (Selichot) beginnen je nach jüdischer Tradition zu unterschiedlichen Zeiten:

 

In aschkenasischen Gemeinden (Juden aus Mittel- und Osteuropa) beginnen die Selichot üblicherweise am Schabbat vor Rosch ha-Schana um Mitternacht. Wenn jedoch Rosch ha-Schana früh in der Woche fällt, beginnen sie am Samstagabend der Woche davor, damit es genügend Tage gibt, an denen die Selichot gesprochen werden. Das Ziel ist, mindestens vier Tage Selichot vor Rosch ha-Schana zu haben.

 

In sephardischen Gemeinden (Juden des [spanisch-] arabisch-nordafrikanischen Raumes) beginnen die Selichot traditionell bereits am 1. Elul, also etwa einen Monat vor Rosch ha-Schana. In dieser Zeit wird täglich am frühen Morgen vor dem Schacharit-Gebet (Morgengebet) Selichot gebetet.

 

Die Selichot sind Bußgebete, die die Menschen auf die bevorstehenden Hohen Feiertage (Rosch ha-Schana und Jom Kippur) vorbereiten und zur inneren Umkehr (Teschuwa) anregen sollen.

 

▸ Lies hierzu auch unseren Beitrag „Leil Selichot – Die Nacht der Vergebung

 

 

Das biblische neue Jahr und die Entwicklung von Rosch ha-Schana

An Rosch ha-Schana wird der Beginn des biblischen neuen Jahres, des bürgerlichen oder zivilen Jahres gefeiert. Der zivile Jahresanfang bezieht sich auf den Beginn des Jahres für praktische, gesellschaftliche und alltägliche Angelegenheiten, wie z.B. die Landwirtschaft.

 

Rosch ha-Schana bedeutet wörtlich „Haupt“, „Anfang“ oder auch „Kopf des Jahres“. Diese Bezeichnung kam jedoch erst ab dem 2. Jahrhundert n. Chr., also mehr als 1.500 Jahre nach der Einsetzung des Festes, in Gebrauch. Nach der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n. Chr. änderte sich die Art der Feier dieses Festes grundlegend. Angesichts der tragischen Umstände dieser Zeit wurde das Fortbestehen des Festes eine Herausforderung. Ohne den Tempel und das damit verbundene Opfersystem war es nicht mehr möglich, den Tag des Schofarblasens wie bisher zu begehen. Daher wurde die synagogale Liturgie erweitert, neue Traditionen eingeführt und der Fokus des Festes verändert, um es den Bedürfnissen der im Exil lebenden jüdischen Gemeinschaft ohne Tempel anzupassen.

 

Der alte Tag des Schofarblasens fiel zeitlich mit dem Beginn des bürgerlichen Jahres in Israel zusammen. Nach der Zerstörung des zweiten Tempels im Jahr 70 n. Chr. verschmolzen diese beiden Feste und wurden untrennbar miteinander verbunden. Im Laufe der Zeit wurde der Tag des Schofarblasens schließlich als jüdisches Neujahrsfest etabliert und als „Rosch ha-Schana“ bekannt.

 

Mit der Verschmelzung des Tages des Schofarblasens und des Beginns des bürgerlichen Jahres erhielt Rosch ha-Schana eine tiefere symbolische Bedeutung. Der siebte Monat Tischri, der Monat der Vollendung und des Heils, leitet nun diesen besonderen Zeitpunkt ein. Der Tag des Posaunenschalls markiert den Anfang von etwas völlig Neuem, den Eintritt in eine neue Zeit, in der Gott sein Volk zur Umkehr ruft. Gleichzeitig erinnert der Klang des Schofars an etwas Übernatürliches – den Klang des stellvertretenden Opfers.

 

Der Schall des Horns ist eine Erinnerung an die Gnade Gottes, ein Weckruf an jeden, der geistlich eingeschlafen ist. Darüber hinaus besteht eine Beziehung des Schofars mit dem Widder, den Abraham einst anstelle seines einzigen Sohnes Isaaks auf dem Berg Moria geopfert hatte und weist so auf die Auferstehung aus den Toten hin, die Entrückung der Heiligen.

 

Die Bedeutung von Rosch ha-Schana in Verbindung mit dem Neumond

Rosch ha-Schana ist der Anfang des jüdischen bürgerlichen oder zivilen Jahres und zugleich ein Neumondfest (Rosch Chodesch).

 

Die Verbindung von Rosch ha-Schana mit dem Neumond ist einzigartig. Es ist das einzige biblische Fest, das am ersten Tag eines Monats, bei Neumond, gefeiert wird, wenn der Mond nur als schmale Sichel sichtbar ist. Alle anderen biblischen Feste fallen auf spätere Tage im Monat, wenn der Mond hell scheint.

 

Ebenso wie der siebte Tag und das siebte Jahr im mosaischen Gesetz als heilig gelten (2Mo 20,8-10; 3Mo 25,4), ist auch der siebte Monat Tischri, heilig. Bezeichnenderweise beginnt Rosch ha-Schana am ersten Tag dieses Schabbatmonats, in dem alle drei Herbstfeste gefeiert werden. Während der Neumond normalerweise durch ein kurzes Blasen des Schofars angekündigt wurde, wurde der Neumond des siebten Monats durch ein längeres Blasen hervorgehoben, um seine besondere Bedeutung und Feierlichkeit zu unterstreichen.

 

 

Das Schofar

Es ist nicht ungewöhnlich, dass bei bestimmten Festen Musikinstrumente Teil des Zeremoniells sind. Es ist jedoch selten, dass ein Fest vollständig in seinem Wesen und Ablauf um ein Musikinstrument zentriert ist. Genau das ist bei Rosch ha-Schana der Fall. Allerdings ist das Schofar nicht nur ein Musikinstrument, sondern darf als „geistliche Waffe“ verstanden werden.

 

▸ Lies auch hierzu unseren Beitrag „Das Schofar als geistliche Waffe verstehen und einsetzen

 

Viele moderne Bibelübersetzungen unterscheiden nicht klar zwischen den verschiedenen hebräischen Blasinstrumenten. Die „Chazozra“ war eine gerade, sich am Ende erweiternde Blechtrompete. Gott befahl den Israeliten, zwei Trompeten aus Silber in getriebener Arbeit zu machen (4Mo 10,1-2). Diese Trompeten wurden von den Priestern über den Opfern geblasen, um Gott zu gedenken (4Mo 10,10). Zur Zeit Salomos wuchs die Zahl dieser Trompeten auf ein Orchester von 120 Trompeten an (2Chr 5,12). Laut dem jüdischen Geschichtsschreiber Josephus Flavius wurden die Trompeten von der südwestlichen Ecke des Tempels geblasen, um den Beginn und das Ende des Schabbats zu verkünden (Der jüdische Krieg 4.9.12). Archäologische Funde unterstützen diese Berichte, da Darstellungen dieser Trompeten auf dem Titusbogen in Rom (70 n. Chr.) und auf Münzen aus der Zeit des Bar-Kochba-Aufstandes (132–135 n. Chr.) gefunden wurden. In jüngerer Zeit hat das Tempelinstitut in Jerusalem diese Trompeten als Teil der Vorbereitungen auf den Wiederaufbau des Tempels rekonstruiert.

 

Das zweite hebräische Blasinstrument, das „Schofar“, wird aus dem Horn eines Widders gefertigt. Im Hebräischen wird der Schofar, die „Widderhorn-Trompete“, klar vom „Keren“, dem „Horn eines Tieres“, unterschieden, das nicht als Musikinstrument verwendet wurde.

 

Nach jüdischem Recht durfte das Horn eines jeden koscheren Tieres verwendet werden, mit Ausnahme eines Stierhorns. Damit sollte verhindert werden, dass man sich an das goldene Kalb erinnerte. Das Widderhorn wird bevorzugt genommen, da eine Beziehung des Schofars mit dem Widder, den Abraham einst anstelle seines einzigen Sohnes Isaaks in 1. Mose 22 auf dem Berg Moria geopfert hatte.

 

Obwohl die Bibel den ersten Tag des Monats Tischri als „Tag des Posaunenblasens“ bezeichnet, wird nicht explizit festgelegt, welches Instrument verwendet werden soll. Historisch und in der rabbinischen Tradition wurde jedoch immer das Schofar, das Widderhorn, verwendet und nicht die silbernen Trompeten der Priester.

 

Ein möglicher Grund für die Bevorzugung des Schofars könnte in der Ankündigung des Jubeljahres liegen. Die Bibel legt ausdrücklich fest, dass am Jom Kippur zu Beginn des Jubeljahres das Schofar und nicht die Metalltrompete geblasen werden sollte (3Mo 25,9). Im fünfzigsten Jahr kündigte das Schofar das Jubeljahr an, in dem Sklaven freigelassen und die Felder brachgelassen wurden. Der heutige Brauch, das Schofar am Ende des Jom Kippur zu blasen, bewahrt dieses alte Gebot.

 

Der Einsatz von Trompeten und Schofar

Abgesehen von den Opferzeremonien hatten sowohl die Trompete als auch das Schofar mehrere bedeutende Verwendungen im Alltag Israels: Die Trompete wurde verwendet, um die Gemeinde vor den HERRN zu rufen (4Mo 10,2-4), während das Schofar als Alarmsignal diente (4Mo 10,9; Ri 3,27; 7,19-22; Neh 4,12-16; Hes 33,3-6). Das Schofar verkündete auch die Krönung eines neuen Königs, wie bei Salomo (1Kön 1,34.39), Jehu (2Kön 9,13), Joasch (2Kön 11,12-14) und Absalom (2Sam 15,10).

 

Im Juni 1967 ertönte der mächtige Klang des Schofars nach fast 1.900 Jahren wieder auf dem Tempelberg in Jerusalem. Oberrabbiner Schlomo Goren blies den Schofar, nachdem israelische Soldaten die jüdische Oberhoheit über Ostjerusalem wiedererlangt hatten und die ewige Hauptstadt Israels erneut vereinigten.

 

Jüdischer Brauch

Rosch ha-Schana ist kein Tag der Trauer, sondern ein freudiges Fest, an dem man Gottes Barmherzigkeit feiert!

 

Ablauf von Rosch ha-Schana

Der Tagesablauf und der Ablauf des Synagogengottesdienstes von Rosch ha-Schana und dessen Bräuche variieren in Details zwischen verschiedenen jüdischen Gemeinden. Allerdings gibt es bestimmte zentrale Elemente, die in den meisten jüdischen Traditionen eingehalten werden:

 

Besondere Bekleidungen

Zu Beginn des Synagogengottesdienstes achten Männer als auch Frauen auf angemessene Kleidung. Männer tragen eine Kopfbedeckung (meist eine Kippa) und häufig auch einen Gebetsschal, den Tallit. Frauen tragen meist einen konservativen Rock und ein bedeckendes Oberteil, verheiratete Frauen bedecken zudem ihr Haar.

 

Der Ernst und die Ehrfurcht dieser Tage spiegeln sich auch in der Farbe der Kleidung wider. Bunte Farben werden vermieden. In der Synagoge dominiert die Farbe Weiß, die Reinheit und Ehrfurcht symbolisiert.

 

Der Vorhang vor dem Toraschrein (Aron ha-Kodesch), die Mäntel der Torarollen sowie die Decken auf dem Vorlesetisch und der Kanzel sind weiß. Der Vorbeter (Chasan) und auch der Schofarbläser (Baal Tekia; ein Experte im Schofarblasen) tragen dabei ihr „Sterbegewand“. Die festliche und zugleich ernste Atmosphäre spiegelt den Charakter des Feiertags wider: Ein Tag des Gerichts, aber auch der Hoffnung auf ein gutes neues Jahr.

 

Beim Betreten der Synagoge wird ein besonderes Gebetbuch benötigt, der sogenannte „Machsor“ (Zyklus), der die Gebete und Toralesungen für Rosch ha-Schana enthält. 

Nun kann der Gottesdienst beginnen.

 

Man besucht im Laufe der zwei Festtage von Rosch ha-Schana fünfmal den Gottesdienst. Am Vorabend des Festes Rosch ha-Schana, am ersten Tag am Morgen und am Abend von Rosch ha-Schana sowie am zweiten Tag am Morgen und am Abend. Vieles von dem, was man am zweiten Tag in der Synagoge tut, ist eine Wiederholung vom ersten Tag.

 

Der Vorabend von Rosch ha-Schana

Wie bei allen biblischen Feiertagen beginnt Rosch ha-Schana mit dem Sonnenuntergang am Vorabend, dem sogenannten Erew Rosch ha-Schana.

 

Der Gottesdienst am Vorabend von Rosch ha-Schana beginnt mit dem Nachmittagsgebet (Mincha) das hauptsächlich aus dem Amida, dem stillen Gebet, besteht. Wenn Rosch ha-Schana auf einen Schabbat fällt, folgt der Teil des Gottesdienstes, der „Kabbalat Schabbat“ (Empfang des Schabbats) genannt wird, in den Psalmen rezitiert und das traditionelle Lied „Lecha Dodi“ gesungen wird, um den Schabbat zu begrüßen. An normalen Wochentagen geht man direkt zum täglichen Abendgebet, dem „Ma'ariv“, über, das an Rosch ha-Schana durch spezielle Liturgie-Einschübe erweitert wird.

 

Eines der zentralen Gebete des Abends ist das „Schema“, in dem die Einheit Gottes und die Treue zu ihm verkündet wird. Es wird eingerahmt von Segenssprüchen vor und nach dem Gebet. Danach folgt das Amida, das Stehgebet, das für Rosch ha-Schana besondere Zusätze enthält. Am Ende des Abendgottesdienstes wünscht man den Anwesenden „Schana towa u'metuka“, was „ein gutes und süßes neues Jahr“ bedeutet. Anschließend geht man nach Hause, um das Feiertagsmahl im Kreise der Familie zu genießen.

 

Das Feiertagsmahl

Der Feiertag beginnt nun zuhause mit dem Anzünden der Festtagskerzen, was traditionell von der Frau des Hauses durchgeführt wird. Dabei spricht sie den Segen:

 

„Baruch Atah Adonai, Eloheinu Melech ha-Olam, Ascher kideschanu be-mizwotaw we-zivanu lehadlik ner shel Jom Tow“  

(„Gesegnet seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der uns durch seine Gebote geheiligt und uns befohlen hat, das Licht des Festes anzuzünden.“)

 

Manchmal wird dieser Segen ergänzt durch „... le-hadlik ner shel Jom ha-Zikaron“ (das Licht des Tages der Erinnerung), da Rosch ha-Schana auch als Jom ha-Zikaron bezeichnet wird.

 

Zusätzlich wird, falls es Tradition ist, der Schehechejanu-Segen gesprochen:

 

„Baruch Atah Adonai, Eloheinu Melech ha-Olam, Schehechejanu we-kijemanu we-higianu la-sman ha-sè.“  

(„Gesegnet seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der uns Leben und Bestand gegeben und uns bis zu diesem Moment gebracht hat.“)

 

Dieser Segen wird auch beim Kiddusch gesprochen (ein Segensgebet, das vor einer Mahlzeit am Schabbat oder an Feiertagen gesprochen wird), um Gott für das Erleben dieses besonderen Augenblicks zu danken. Danach werden symbolträchtige Speisen wie Äpfel mit Honig, Granatäpfel und runde Challot gegessen, die Fülle, Vollständigkeit und die Zyklen des Lebens symbolisieren.

 

Der Rosch ha-Schana Morgengottesdienst

Am Morgen des ersten Rosch ha-Schana-Tages beginnt der Gottesdienst mit „Schacharit“, dem Morgengebet, das in mehrere Abschnitte unterteilt ist. Es beginnt mit einleitenden Hymnen, Psalmen und Lobpreisungen, die als eine Art „Aufwärmung“ für die folgenden Gebete dienen.

 

Die Morgengottesdienste an beiden Tagen von Rosch ha-Schana sind die wichtigsten Teile des Feiertages und besonders lang, oft bis zu fünf Stunden. Sie beginnen in orthodoxen und konservativen Gemeinden sehr früh, meist zwischen 8 und 9 Uhr.

 

Einer der Höhepunkte des Morgengottesdienstes ist das „Schema“, das wie am Vorabend mit Segenssprüchen eingerahmt ist. Danach folgt das Amida-Gebet, das im Stillen gebetet wird. Anschließend wird es vom Vorbeter (Chasan oder Kantor) laut wiederholt. Dabei werden einige Gebete responsiv zwischen dem Vorbeter und der Gemeinde gesprochen, während zu besonders wichtigen Momenten der Toraschrein (Aron ha-Kodesch) geöffnet wird.

 

Im Anschluss an die Wiederholung des Amida folgt die Toralesung. Am ersten Tag von Rosch ha-Schana wird die Geburt von Isaak gelesen (1Mo 21), am zweiten Tag wird der Bericht über Abrahams Beinahe-Opferung Isaaks verlesen (1Mo 22). Nach der Toralesung folgt die Haftara, die Lesung aus den Propheten. Am ersten Tag wird die Geschichte von Samuels Geburt verlesen (1Sam 1,1–2,10), während am zweiten Tag ein hoffnungsvoller Abschnitt aus dem Buch Jeremia gelesen wird (Jer 31,1-19).

 

Das Schofar-Blasen

Das absolute Highlight des Rosch ha-Schana-Gottesdienstes und auch des Feiertags ansich, ist das Schofar-Blasen, das am ersten Tag von Rosch ha-Schana stattfindet, es sei denn, dieser fällt auf den Schabbat, dann sind keine Schofarstöße zu hören, da das Tragen eines Schofars als Arbeit gilt, aber es wird dann am zweiten Tag von Rosch ha-Schana geblasen.

 

Das Schofar wird während eines Rosch-ha-Schana-Gottesdienstes mindestens 100-Mal geblasen, womit das Gebot erfüllt wird, an diesem Tag Lärm (Terua) zu machen.

 

Die 100 Schofar-Töne, die während des Gottesdienstes in der Synagoge erklingen, setzen sich aus wiederholten Abfolgen von Schofar-Tönen zusammen, die bestimmte Absichten und Botschaften vermitteln. Insgesamt gibt es vier verschiedene Schofar-Töne:

 

1. Tekia (תקיעה)

Beschreibung: Ein einzelner, langer und ununterbrochener Ton.

Symbolik: Tekia wird oft als Symbol für Freude, Beständigkeit, Vollständigkeit und Frieden verstanden. Es ist der grundlegende Ton, der den Beginn und das Ende der Schofar-Signale markiert.

Dauer: Ein einfacher, langer Ton.

 

2. Schewarim (שברים)

Beschreibung: Drei gebrochene, mittellange Töne.

Symbolik: Die drei aufeinanderfolgenden Töne symbolisieren das gebrochene Herz eines Menschen, der Buße und Umkehr zeigt und nach Vergebung sucht. Es wird oft als Ausdruck von Weinen, Trauer oder Klage verstanden.

Dauer: Jeder der drei Töne ist mittellang und gebrochen.

 

3. Terua (תרועה)

Beschreibung: Eine Serie von neun schnellen, kurzen Stößen.

Symbolik: Terua steht für Kummer und Furcht, symbolisiert das Rufen nach Hilfe und Barmherzigkeit. Es wird als Ausdruck von Dringlichkeit und emotionaler Zerbrochenheit verstanden.

Dauer: Neun sehr kurze, schnelle Töne.

 

4. Tekia Gedola (תקיעה גדולה)

Beschreibung: Eine verlängerte Version des normalen Tekia-Tons.

Symbolik: Tekia Gedola ist ein besonders langer, triumphaler Ton, der am Ende des Schofar-Blasens geblasen wird. Es symbolisiert den Höhepunkt der Umkehr und die Hoffnung auf Gottes Gnade und Vergebung und ist ein Zeichen für die endgültige Erlösung Israels.

Dauer: Ein einzelner, sehr langer Ton, der so lange wie möglich gehalten wird.

 

Zusammenfassung der Schofar-Stöße:

Tekia: Ein langer, ununterbrochener Ton;

Schewarim: Drei gebrochene, mittellange Töne;

Terua: Neun kurze, schnelle Stöße;

Tekia Gedola: Ein sehr langer, anhaltender Ton, der den Abschluss bildet.

 

Diese Töne sollen die Seele erwecken und die Menschen zu einer engeren Beziehung mit Gott führen.️ Sie werden in drei Hauptgruppen geblasen, die aus jeweils 30 Tönen bestehen, und es gibt eine abschließende Serie von 10 Tönen, um die Summe auf 100 Schofar-Töne zu bringen.

 

Die erste Serie von 30 Schofar-Tönen wird oft direkt nach dem Toralesen und vor dem Musaf-Gebet geblasen.

 

Musaf-Gebet (Zusatzgebet)

Nach dem Schofar-Blasen folgt das Musaf-Gebet, das zweite Amida-Gebet des Tages. Es enthält drei zentrale Segnungen, die die Krönung Gottes als König, das Gebet um Erinnerung an unsere guten Taten und das Schofar-Blasen thematisieren: Malchujot (Königtum), Sichronot (Erinnerung) und Schofarot (Schofarhörner).

 

Der Abschnitt Malchujot hebt die Majestät Gottes und Seine souveräne Herrschaft über das Universum hervor. Er ruft dazu auf: „Mögen alle Bewohner der Erde erkennen und wissen, dass vor Dir jedes Knie sich beugen und jede Zunge Dir Treue schwören muss... Der Herr ist König für immer und ewig.“

 

Sichronot erinnert an Gottes treues Gedenken an Seinen ewigen Bund mit Israel und erbittet: „Gedenke unser, Ewiger, unser Gott, des Bundes, der Gnade und des Versprechens, das Du unserem Vater Abraham auf dem Berg Morija gegeben hast.“

 

Der Abschnitt Schofarot konzentriert sich auf die Bedeutung des Schofars in der Geschichte Israels. Er erinnert an die Offenbarung Gottes am Berg Sinai, die vom Schall des Schofars begleitet wurde: „Die ganze Erde bebte vor Deiner Gegenwart, die Schöpfung erzitterte in Ehrfurcht, als Du, unser König, Dich am Berg Sinai offenbart hast... inmitten des Schofarklangs bist Du erschienen.“

 

Dieser Segen bezieht sich auch auf die Endzeit, in der Gott sich erneut durch Feuer und den Klang des Schofars offenbaren und Seinen Messias senden wird:

 

Sacharja 9,14

Und der HERR wird über ihnen erscheinen, und sein Pfeil wird ausfahren wie ein Blitz; und GOTT, der Herr, wird in die Posaune stoßen und einherfahren in den Stürmen des Südens

 

Da das Musaf-Gebet aus drei zentralen Abschnitten besteht, werden nach jedem dieser Abschnitte, jeweils 10 Töne geblasen, die in der gleichen Art wie in den ersten 30 Tönen organisiert sind, so dass man nun auf 60 Stöße kommt.

 

In der Wiederholung des Musaf-Gebetes durch den Vorbeter wird das ergreifende „Unetaneh Tokef“ gebetet, ein Text, der die göttlichen Urteile für das kommende Jahr beschreibt.

 

Es gibt eine weitere Abfolge von 30 Schofar-Tönen, die während des wiederholten Musaf-Gebets geblasen werden. Diese Wiederholung hat dieselbe Struktur wie die vorhergehenden 30 Töne, so dass man nun insgesamt auf 90 Stöße kommt.

 

Der Gottesdienst endet mit dem priesterlichen Segen (Birkat Kohanim), bei dem die Kohanim (Priester), die Nachkommen Aarons, die Gemeinde segnen.

 

Darauf folgt eine abschließende Runde von 10 Schofarstößen, am Ende mit einem letzten Tekia Gedola-Stoß, sodass man nun insgesamt 100 Stöße erreicht hat.

 

Die genaue Abfolge der Schofar-Töne können leicht von Gemeinde zu Gemeinde variieren und sie können zu verschiedenen Zeitpunkten des Rosch-ha-Schana-Gottesdienstes zu hören sein. Einige Traditionen können beispielsweise die Reihenfolge der Töne oder die Anzahl der Tekia variieren, aber die grundlegende Struktur bleibt dieselbe: zuerst Tekia, gefolgt von Schewarim, gefolgt von Terua und zum Abschluss Tekia Gedola. Wichtig ist, dass die Schofar-Töne die Gemeinde wachrüttelt sowie an den Ruf zur Buße und Umkehr erinnern und tief in die Liturgie des Synagogengottesdienstes eingebettet sind.

 

Das Nachmittagsgebet

Das Nachmittagsgebet (Mincha) folgt auf den Morgengottesdienst und ist deutlich kürzer. Es beinhaltet das Amida und, wenn kein Schabbat ist, das Gebet „Awinu Malkenu“. Am Nachmittag des ersten Rosch ha-Schana-Tages (oder des zweiten, wenn der erste auf einen Schabbat fällt) folgt die „Taschlich-Zeremonie“. 

 

Die Taschlich-Zeremonie

Die zu Rosch ha-Schana übliche Zeremonie namens „Taschlich“ (ablegen, wegwerfen) symbolisiert die Reinigung und Befreiung von Sünden. Diese Tradition entstand im Mittelalter und ist auch heute noch weit verbreitet. Am Nachmittag des ersten Tages von Rosch ha-Schana versammeln sich gesetzestreue Juden an offenen Gewässern, wie zum Beispiel an Flüssen, Seen oder Brunnen, um die „Taschlich-Gebete“ zu sprechen. In Israel sieht man zu dieser Zeit Tausende von Gläubigen in Festtagskleidung mit Gebetsbüchern in der Hand, die sich an den Ufern des Mittelmeeres oder am Teich Schiloach in Jerusalem versammeln, um das Taschlich-Gebet zu sprechen.

 

Das Taschlich-Gebet setzt sich aus mehreren biblischen Passagen zusammen, darunter Micha 7,18-20, Psalm 118,5-9, Psalm 33, Psalm 130 und oft auch Jesaja 11,9. Die Zeremonie selbst erhielt ihren Namen von einem Gebet aus der Bibel: „Und Du wirst alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen [taschlich]“ (Mi 7,19). 

 

Nach dem Gebet schütteln die Gläubigen häufig ihre Taschen aus oder werfen Brotkrümel ins Wasser. Diese Handlung symbolisiert die Befreiung von den Sünden, sodass keine Erinnerung an sie bleibt.

 

Zweiter Tag von Rosch ha-Schana

Der Gottesdienst am zweiten Tag ähnelt stark dem des ersten Tages, allerdings gibt es kleine Unterschiede in den Wiederholungen des Amida-Gebetes. Am zweiten Abend von Rosch ha-Schana isst man zudem eine symbolische neue Frucht, die ein Zeichen für die Erneuerung des Jahres ist.

 

Abschluss von Rosch ha-Schana

Nach dem Ende von Rosch ha-Schana wird das tägliche Abendgebet (Ma'ariv) gebetet, und man kehrt in den Alltag zurück. Rosch ha-Schana wird als eine Zeit der Erneuerung und Besinnung gefeiert. Es ist wichtig, die geistliche Inspiration, die während der beiden Tage gewonnen wurde, in das kommende Jahr mitzunehmen, insbesondere in die kommenden Tage bis Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag.

 

Was bedeutet nun das Blasen des Schofars geistlich betrachtet tatsächlich?

1. Symbol der Rückkehr Israels

Das Blasen des Schofars steht in Verbindung mit der Prophezeiung in Jesaja 27,12-13, dass Israels Heimkehr durch das Erklingen einer Posaune angekündigt wird.

 

2. Symbol der Auferstehung der Toten

Es wird geglaubt, dass beim Erklingen einer Posaune die Toten auferstehen, was das Schofar zu einem Zeichen der kommenden Auferstehung macht.

 

3. Das Buch des Lebens

Wenn das Schofar auf Erden ertönt, werden im Himmel drei Bücher geöffnet: 

 

· Das Buch der Gerechten, in dem die Namen derer stehen, die im kommenden Jahr leben werden.

· Das Buch der Gottlosen, das diejenigen umfasst, die im kommenden Jahr sterben werden.

· Das dritte Buch, in dem jene verzeichnet sind, die noch zwischen Gerechtigkeit und Sünde stehen. Diese erhalten zehn Tage der Buße, um ihre Eintragung im Buch des Lebens zu erwirken. Da man nie sicher weiß, in welchem Buch man steht, besteht die Tradition, in diesen Tagen intensiv Buße zu tun und umzukehren.

 

Deshalb steht auf den Neujahrskarten an Rosch ha-Schana: „LeSchana towa tikatewu“ – „Mögest du für ein gutes Jahr [ins Buch des Lebens] eingeschrieben werden!“

 

Das Schofarblasen ist das bekannteste Ritual an Rosch ha-Schana. Es ist Brauch, bei der Krönung eines Königs das Schofar zu blasen. Da man an Rosch ha-Schana Gott „krönt“, lässt man ebenfalls das Schofar erklingen. Am Schabbat allerdings erklingt der Schofar nicht.

 

Das Schofarblasen erinnert aber auch an den Bund Gottes mit Abraham und dient als Weckruf zur Umkehr und zur inneren Einkehr. Das Schofar wird während des Gebets in der Synagoge geblasen, das auf die Toralesungen folgt.

 

In der jüdischen Theologie gibt es drei Hauptgründe für das Blasen des Schofars:

 

1. Es ist ein Aufruf zur Besinnung und Reue. An diesem Tag werden alle Juden dazu aufgerufen, zu ihrem Glauben zurückzukehren, da an Rosch ha-Schana jeder vor das göttliche Gericht tritt.

 

2. Das Blasen des Schofars erinnert an das Bundesverhältnis zwischen Israel und Gott.

 

3. Zudem soll das Schofarblasen Satan verwirren, der Israel vor Gott anklagen möchte, wie es in Sacharja 3,1 beschrieben wird. Nach jüdischer Tradition erhebt Satan am Fest der Posaunen Anklage gegen Israel wegen seiner Sünden, und das Blasen des Widderhorns soll ihn daran hindern.

 

In der jüdischen und christlichen Theologie wird Satan als der große Feind Gottes und seines Volkes betrachtet. In der Bibel tritt Satan oft als Ankläger des Volkes Gottes auf (vgl. Hi 1,6; Sach 3,1; Offb 12,10). Die jüdische Tradition lehrt, dass Satan zu Rosch ha-Schana vor Gott erscheint, um Israel anzuklagen, sobald die Bücher des Gerichts geöffnet werden. Die alten Rabbiner weisen darauf hin, dass das Schofarblasen zu Rosch ha-Schana Satan verwirren soll, indem er glauben könnte, der Messias sei bereits gekommen und seine Herrschaft sei zu Ende (Rosch ha-Schana 16a). Deshalb ist es Brauch, an den Gottesdiensten von Rosch ha-Schana das Schofar insgesamt 100-Mal zu blasen.

 

Das Schofar als Bild für das Opfer

Das Widderhorn erinnert an die geplante Opferung Isaaks durch Abraham. Als Gott Abraham auf die Probe stellte, griff er im letzten Moment ein und ließ Abraham einen Widder opfern. Das Schofarhorn steht symbolisch für das stellvertretende Opfer, das anstelle des Menschen dargebracht wird (1Mo 22).

 

Höre das Schofar

Messianische Bedeutung

Ebenso wie die anderen Feste Israels hat der Tag des Posaunenblasens einen starken prophetischen Charakter. Im Gegensatz zu den historischen Ereignissen, welche die anderen Feste widerspiegeln, verweist dieses Fest auf zukünftige Geschehnisse. Es ist das nächste Fest im prophetischen Kalender Israels und wird sowohl die Auferstehung der Toten als auch die Entrückung der Gläubigen mit sich bringen.

 

Die vier Frühjahrsfeste (Passah, Fest der ungesäuerten Brote, Erstlingsfrüchte und Wochenfest) wurden bereits durch das erste Kommen des Messias erfüllt. Die drei Herbstfeste (Tag des Schofarblasens, Jom Kippur und Laubhüttenfest) werden sich mit seinem zweiten Kommen erfüllen. Die alten Rabbiner sagten: „Im Nissan wurden sie erlöst, und im Tischri werden sie erlöst werden“ (Rosch ha-Schana 11a).

 

▸ Lies hierzu unseren Beitrag „Die Feste des HERRN im Überblick

 

Der Tag des Posaunenblasens, Israels „dunkler Tag“, fällt genau auf den Neumond, wenn das Licht des Himmels kaum zu sehen ist. Die Propheten warnten immer wieder vor dem kommenden „Tag des HERRN“, einem schrecklichen Gerichtstag, an dem Gott sowohl Israel als auch seine Feinde richtet. Amos spricht von diesem Tag als einem finsteren Tag ohne Licht (Am 5,18-20), während Zefanja ihn als einen Tag des Zorns und der Not beschreibt (Zef 1,14-16).

 

Wie der Neumond den Tag des Schofarblasens ankündigt, so wird Gott eines Tages den Himmel verdunkeln, um den Beginn des Tages des HERRN zu verkünden. Joel prophezeite: „... die Sonne soll verwandelt werden in Finsternis und der Mond in Blut, ehe der große und schreckliche Tag des HERRN kommt“ (Joel 3,4). Auch Johannes beschreibt diese kosmischen Störungen in der Offenbarung (Offb 6,12-17).

 

An diesem Tag wird Gott die himmlischen Lichter auslöschen und Seinen Zorn über die Welt ausgießen, bevor der Messias zurückkehrt, um sein Königreich zu errichten. Dies wird der „Tag der Buße“ für Israel sein, der sie zur Umkehr führt und auf den nationalen Versöhnungstag Jom Kippur vorbereitet.

 

 

Der letzte Schofarschall

In der Bibel wird das Blasen des Schofars oft erwähnt, doch nur an zwei Stellen bläst Gott selbst das Schofar. Das erste Mal geschah dies am Berg Sinai, als Gott Israel in den Alten Bund führte (2Mo 19,18-20). Das zweite Mal wird Gott das Schofar beim zweiten Kommen des Messias blasen, wie Sacharja prophezeite: 

 

Sacharja 9,14

Und der HERR wird über ihnen erscheinen, und sein Pfeil wird ausfahren wie ein Blitz; und GOTT, der Herr, wird in die Posaune stoßen und einherfahren in den Stürmen des Südens

 

Die jüdische Tradition besagt, dass die Auferstehung aus den Toten zu Rosch ha-Schana stattfindet. Diese Vorstellung spiegelt sich in jüdischen Grabsteinen wider, auf denen oft ein Schofar eingraviert ist. Im Neuen Testament beschreibt Paulus das Ereignis der Entrückung, das mit dem Klang der letzten Posaune verbunden ist:

 

1. Korinther 15,51-52

51 Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, 52 plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune; denn die Posaune wird erschallen, und die Toten werden auferweckt werden unverweslich, und wir werden verwandelt werden

 

Die Entrückung umfasst die Auferstehung der verstorbenen Heiligen, die Unverweslichkeit anziehen werden, und das Hinweggenommenwerden der lebenden Heiligen, die Unsterblichkeit anziehen. Dies wird durch das Blasen der „letzten Posaune“ angekündigt. Einige, die glauben, die Entrückung finde nach der großen Drangsals- oder Trübsalszeit statt, verweisen auf die siebente Posaune aus der Offenbarung als Beweis. Doch Paulus konnte sich nicht auf diese Posaune beziehen, da die Offenbarung noch nicht existierte, als er den Korintherbrief schrieb.

 

Im ersten Korintherbrief verweist Paulus mehrfach auf die biblischen Feste:

 

• Kapitel 5,6-7: Passahfest (Pessach)

• Kapitel 6,8: Fest der ungesäuerten Brote (Mazzot)

• Kapitel 11-14: Wochenfest (Schawuot)

• Kapitel 15,20-33: Fest der Erstlingsfrüchte (Bikkurim)

• Kapitel 15,50-58: Fest des Posaunenblasens (Rosch ha-Schana)

 

Paulus bezieht sich mit der „letzten Posaune“ auf die „Tekia Gedola“, den langen Posaunenton am Fest der Posaunen, nicht auf die Posaune aus der Offenbarung. Er wollte damit sagen, dass das Fest der Posaunen durch die Entrückung erfüllt wird. So wie das Fest der Posaunen dem Versöhnungstag vorausgeht, muss auch die Entrückung vor der großen Drangsals- oder Trübsalszeit stattfinden. Diese Reihenfolge der Erfüllung der biblischen Feste stützt die Ansicht, dass die Entrückung vor der großen Drangsal oder Trübsal geschehen wird, was durch viele Aussagen in der Bibel bestätigt wird.

 

In Johannes 14,1-3 sagte Jesus Christus, er werde in den Himmel zurückgehen und bei seinem Vater einen Ort für die Heiligen der Gemeinde bereiten.

 

Auch im 1. Thessalonicherbrief wird die Rückkehr des Herrn mit dem Schall der Posaune angekündigt.

 

1. Thessalonicher 4,16-17

16 denn der Herr selbst wird, wenn der Befehl ergeht und die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallt, vom Himmel herabkommen, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen. 17 Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zusammen mit ihnen entrückt werden in Wolken, zur Begegnung mit dem Herrn, in die Luft, und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit.

 

Es wird der Tag kommen, an dem der HERR, der im Himmel thront, erneut in feurigen Wolken Seiner Schechina-Herrlichkeit herabkommen wird. Jesus selbst sprach von Seinem Kommen „auf den Wolken des Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit“ (Mt 24,30). Dann wird Gottes letzter Schofarschall ertönen. Wie das Blasen der Trompete und des Schofars im alten Israel wird auch dieser letzte Schofarschall Gottes mehrere Zwecke erfüllen:

 

Zunächst wird er die Gemeinde des HERRN versammeln, was als „Entrückung der neutestamentlichen Gemeinde“ bezeichnet wird. Die Gerechten werden „vom kommenden Zorn“ errettet (1Thes 1,10), da Gott sie nicht für den Zorn bestimmt hat (1Thes 5,9). Die verstorbenen Gerechten werden auferstehen, und die lebenden Gerechten werden aus allen Himmelsrichtungen versammelt (Mt 24,31).

 

Zweitens wird dieser letzte Schofarschall das Zeichen für den Kampf gegen Satan und die böse Welt sein, wenn „der große Tag Seines Zornes“ (Offb 6,17) beginnt. Damit wird das Zeitalter der menschlichen Rebellion ein Ende finden.

 

Schließlich wird der letzte Schofarschall die Ankunft und die bevorstehende Krönung des Messias verkünden, so wie Jesaja prophezeite:

 

Jesaja 2,17

Und der Hochmut des Menschen wird gebeugt und der Stolz des Mannes gedemütigt werden; der HERR aber wird allein erhaben sein an jenem Tag

 

 

Die Voraussetzungen für die Rückkehr des Messias

Israels nationale Buße und Umkehr sind entscheidende Voraussetzungen für die Rückkehr des Messias. Israels Umkehr ist sogar eines der Hauptziele des Tages des HERRN. Der König Israels wird erst dann zu Seinem Volk zurückkehren, wenn es bereit ist, Ihn anzunehmen. Die weisen Rabbiner erkannten dies in den Propheten, als sie sagten: „Könnte Israel sich auch nur für einen Tag bekehren, so würden sie erlöst werden, und der Spross Davids [der Messias] würde kommen“ (Hohelied Rabba 5,2).

 

Tragischerweise wird das unbußfertige Israel (gemeinsam mit den Nationen) Gottes feurigen Zorn ertragen müssen, bevor es bereit ist zu sagen:

 

„Baruch haba b'Shem Adonai!“ 

 

„Gesegnet sei [der Messias], der da kommt im Namen des HERRN!“ (vgl. Ps 118,26; i.V.m. Mt 23,39).

 

Buße und Umkehr sind jedoch in Gottes Wort von grundlegender Bedeutung, weit über die Prophetie hinaus. Gott fordert von jedem Menschen Buße und Umkehr, also Bekehrung. In der Bibel ist die Bekehrung eine Frage von Leben und Tod:

 

Hesekiel 18,20-21

20 Die Seele, welche sündigt, die soll sterben! Der Sohn soll nicht die Missetat des Vaters mittragen, und der Vater soll nicht die Missetat des Sohnes mittragen. Auf dem Gerechten sei seine Gerechtigkeit, und auf dem Gottlosen sei seine Gottlosigkeit! 21 Wenn aber der Gottlose umkehrt von allen seinen Sünden, die er begangen hat, und alle meine Satzungen bewahrt und Recht und Gerechtigkeit übt, so soll er gewiss leben; er soll nicht sterben

 

„Die Seele, die sündigt, sie soll sterben. ... Wenn aber der Gottlose umkehrt von all seinen Sünden, die er getan hat... soll er leben und nicht sterben“

 

Das hebräische Wort für Buße/Umkehr lautet „teschuwa“ und bedeutet wörtlich „umkehren“ oder „zurückkehren“ – zurückkehren zu Gott. Es beschreibt eine geistliche Wende, die in zwei Schritten erfolgt.

 

Zum einen erfordert die Umkehr, dass man sich von seinen Sünden abwendet und sie bereut. Der allmächtige Gott sagt:

 

Hesekiel 18,30-31

30 Darum will ich jeden von euch nach seinen Wegen richten, ihr vom Haus Israel!, spricht GOTT, der Herr. Kehrt um und wendet euch ab von allen euren Übertretungen, so wird euch die Missetat nicht zum Fall gereichen! 31 Werft alle eure Treulosigkeiten, die ihr verübt habt, von euch ab und schafft euch ein neues Herz und einen neuen Geist! Denn warum wollt ihr sterben, ihr vom Haus Israel?

 

„Kehrt um und wendet euch ab von euren Vergehen, dass sie euch nicht zur Schuld werden. Werft alle eure Vergehen von euch, mit denen ihr euch vergangen habt...“

 

Zum anderen verlangt Umkehr, sich Gott zuzuwenden, indem man sich Ihm und dem von Ihm gesandten Erlöser, dem Messias, vollständig anvertraut. König David schrieb:

 

Psalm 2,12

Küsst den Sohn [den Messias], damit er nicht zornig wird und ihr nicht umkommt auf dem Weg; denn wie leicht kann sein Zorn entbrennen! Wohl allen, die sich bergen bei ihm!

 

Vor diesem großen König, dem HERRN der ganzen Erde, wird „jedes Knie sich beugen und jede Zunge bekennen“ (Jes 45,23). Es gibt keinen anderen Weg zu Gott.

 

Der Tag naht, an dem der Messias-König kommen wird. Jesus Christus, Jeschua ha-Maschiach, wird nach Jerusalem zurückkehren und über die ganze Welt herrschen. Er wird für immer herrschen, wie die Propheten es voraussagten. Aber nicht alle werden Sein Königreich betreten. Wenn der Erlöser nach Zion kommt, wird Er „für die kommen, die vom Treubruch umkehren“ (Jes 59,20) und für alle, „die sich bei Ihm bergen“ (Ps 2,12).

 

Rabbi Elieser, einer der alten Rabbiner Israels, lehrte: „Kehre um einen Tag vor deinem Tod!“ Als seine erstaunten Schüler ihn fragten: „Aber weiß denn ein Mensch, wann er sterben wird?“, antwortete der Rabbi: „Umso mehr soll er heute umkehren, denn vielleicht stirbt er morgen.“ (Schabbat 153a).

 

Die Hauptbotschaft ist, dass niemand weiß, wann er sterben wird und daher sofortige Umkehr notwendig ist. Dies stimmt vollkommen mit den Worten der Bibel überein. Heute ist der Tag der Bekehrung. Heute ist der Tag des Heils!

 

2. Korinther 6,2

Denn es heißt: »Zur angenehmen Zeit habe ich dich erhört und am Tag des Heils dir geholfen« [Jes 49,8]. Siehe, jetzt ist die angenehme Zeit; siehe, jetzt ist der Tag des Heils!

 

Wir kennen weder die Zahl unserer Tage noch den Tag des Zorns Gottes. Wir müssen Ihn jetzt suchen, solange die Tore der Bekehrung offen sind, wie der Prophet Jesaja bekräftigt: „Sucht den HERRN, während Er sich finden lässt! Ruft Ihn an, während Er nahe ist“ (Jes 55,6).

 

Haben wir wirklich Buße getan und uns bekehrt? Haben wir uns von unseren Sünden abgewandt und uns Gott zugewandt, sodass wir vom Tod zum Leben übergegangen sind? Allen, die dies getan haben, verspricht Gott, „alle ihre Sünden in die Tiefen des Meeres zu werfen“ und sie nie wieder in Erinnerung zu bringen:

 

Micha 7,18-19

18 Wer ist ein Gott wie du, der die Sünde vergibt und dem Überrest seines Erbteils die Übertretung erlässt, der seinen Zorn nicht allezeit festhält, sondern Lust an der Gnade hat? 19 Er wird sich wieder über uns erbarmen, unsere Missetaten bezwingen. Ja, du wirst alle ihre Sünden in die Tiefe des Meeres werfen!

 

Speisen & Getränke

Rosch ha-Schana hat wie viele andere biblische Feiertage seine eigenen traditionellen Speisen, die tiefe symbolische Bedeutungen tragen.

 

Eine der bekanntesten Traditionen ist das Essen von in Honig getauchten Äpfeln. Dieser Brauch steht für den Wunsch nach einem süßen und glücklichen Jahr, wie es auch im Neujahrsgruß „Schana towa u-metuka“ (Ein gutes und süßes Jahr) ausgedrückt wird.

 

Am Abend des zweiten Tages von Rosch ha-Schana ist es zudem üblich, neue Kleidung zu tragen und süße Früchte zu essen, die man längere Zeit nicht verzehrt hat. Manche gesetzestreuen Juden verzichten den ganzen Sommer über bewusst auf bestimmte Früchte wie Äpfel, Weintrauben oder Granatäpfel, um sie dann an diesem Festtag umso mehr zu genießen.

 

Eine weitere Tradition ist das Essen von runden Challa-Broten, die anstelle der normalerweise ovalen, geflochtenen Brote auf dem Tisch liegen. Diese runden Challas symbolisieren Kronen und erinnern an das Königtum Gottes, das während der Rosch ha-Schana-Liturgie in der Synagoge besonders betont wird. Gleichzeitig steht die runde Form auch für den nie endenden Kreislauf des Lebens.

 

Zu den traditionellen Speisen gehört auch das Fleisch eines Tierkopfes. Manchmal wird ein Widderkopf serviert, um an die Opferung Isaaks zu erinnern, doch häufiger ist es der Kopf eines Fisches. Dieser soll an die Verheißung aus 5. Mose 28,13 erinnern: „Der Herr macht dich zum Kopf, nicht zum Schwanz. Du wirst nur aufwärts gerichtet sein, und nicht abwärts.“

 

Diese Speisen werden als „Simanim“ (Symbole) bezeichnet und stehen für den Segen, um den im Gebet gebeten wird.

 

Neben diesen symbolischen Speisen gibt es auch andere traditionelle Gerichte wie Weintrauben oder Karotten, die oft in Honig zubereitet werden, um das süße neue Jahr noch stärker hervorzuheben. Insgesamt sind die Speisen an Rosch ha-Schana nicht nur kulinarische Genüsse, sondern tragen tiefe geistliche Bedeutungen, welche die Hoffnung auf ein gesegnetes und glückliches Jahr ausdrücken.

 

Festtagsgrüße (Zusprüche)

Zu Rosch ha-Schana gibt es einige Grüße:

 

• LeSchana towa tikatewu

(כתיבה וחתימה טובה)

Bedeutung: „Mögest du für ein gutes Jahr [ins Buch des Lebens] eingeschrieben werden!“

 

• LeSchana towa tikatewu v'tichatemu“

(לשנה טובה תכתבו ותחתמו)

Bedeutung: „Mögest du eingeschrieben und versiegelt werden für ein gutes Jahr im Buch des Lebens.“

 

• Schana towa (שנה טובה)

Bedeutung: „Frohes neues Jahr“

 

• Schana towa u'metuka (שנה טובה ומתוקה)

Bedeutung: „Ein gutes und süßes neues Jahr“

 

Dies ist die gebräuchlichste Form des Rosch-ha-Schana-Grußes. Die angemessene Antwort lautet: Gam lekha! (Dir gleichfalls) oder einfach Gamzu! (Dir auch).

 

Wissenswertes

Der in Deutschland gebräuchliche Neujahrsgruß „Einen guten Rutsch“ stammt, wie viele deutsche Redewendungen, aus dem Jiddischen. Das Jiddische ist eine Sprache, die mittelhochdeutsche, hebräische und slawische Einflüsse vereint. Im Hebräischen bedeutet „Rosch“ einfach „Kopf“, „Haupt“ oder „Anfang“. Ursprünglich wünschten sich Juden also einen „guten Rosch“ zum neuen Jahr, woraus im Deutschen schließlich der „gute Rutsch“ wurde.


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Gottes Segen Euch allen!

 

1. Thessalonicher 5,23

„Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!“

 

Amen und Amen