Jesaja 55,6-7
„6 Sucht den HERRN, solange er zu finden ist; ruft ihn an, während er nahe ist! 7 Der Gottlose verlasse seinen Weg und der Übeltäter seine Gedanken; und er kehre um zu dem HERRN, so wird er sich über ihn erbarmen, und zu unserem Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung“
Der Monat Elul markiert im hebräisch-biblischen Kalender eine besondere Zeit der Vorbereitung auf die Hohen Feiertage Rosch ha-Schana und Jom Kippur. Es ist eine Periode der Selbstreflexion, Besinnung, Buße/Umkehr (Teschuwa), des Gebets (Tefilla) und der Wohltätigkeit (Zedaka). Doch was Elul noch besonders auszeichnet, ist die jüdische Vorstellung, dass „der König im Feld ist“. Diese tiefe, symbolische Metapher beschreibt Gottes besondere Nähe in diesem Monat und bringt den Gedanken zum Ausdruck, dass Gott in dieser Zeit auf eine außergewöhnliche Weise erreichbar und zugänglich ist.
Der König im Feld
Die meiste Zeit des Jahres residierte der König in seinem Palast, beschützt von bewaffneten Wachen und schweren Eisentoren. Um eine Audienz zu erhalten, musste man sich im Voraus anmelden, das Palastprotokoll erlernen und die passende Kleidung tragen. Danach wurde man an den Reihen des Sicherheitspersonals vorbei in den prächtigen Palast geführt. Das Betreten des Thronsaals war ein Moment der Ehrfurcht – man musste genau darauf achten, was man sagte und tat, denn der König thronte in seiner ganzen Macht vor einem. (vgl. Est 4,11 i.V.m. Est 5,1).
Doch in einem Monat eines jeden Jahres verließ der König seinen Palast und mischte sich unter sein Volk. Er errichtete ein königliches Zelt auf einem Feld nahe einer Stadt, und jeder, der ihn sehen wollte, war willkommen. Es wurde verkündet: „Der König ist im Feld!“ In dieser Zeit ist Gott besonders nah und leicht zugänglich. Du musst nicht zum Himmel hinaufsteigen oder komplizierte religiöse Regeln befolgen, um Seine Aufmerksamkeit zu erlangen. In diesem Monat kommt Gott zu dir – in deine Umgebung, dort wo du lebst – um dir nahe zu sein und dich mit Seiner Gegenwart zu überraschen. Er kann dir an deinem Arbeitsplatz, in deinem Klassenraum, deinem Büro oder deinem Geschäft begegnen. Er möchte sich in den alltäglichen Momenten deines Lebens mit dir treffen.
Diese symbolische Darstellung drückt aus, dass Gott in dieser Zeit besonders nah ist und sich den Menschen ohne Hindernisse nähern will. Jeder, unabhängig von Status oder Vorbereitungen, kann zu ihm kommen und mit ihm in Kontakt treten. Es ist ein Bild der unmittelbaren Zugänglichkeit Gottes und seiner Liebe zu den Menschen.
Die Bedeutung von Elul – Umkehr und Erneuerung
Elul, der letzte Monat vor dem Neujahrsfest Rosch ha-Schana, ist eine Zeit intensiver Selbstprüfung und Buße/Umkehr. Es ist die Gelegenheit, auf das vergangene Jahr zurückzublicken, Fehler einzugestehen und sich innerlich auf die kommenden Hohen Feiertage vorzubereiten. In der jüdischen Tradition wird besonders betont, dass Buße/Umkehr (hebr. „Teschuwa“), die Hauptaufgabe dieser Zeit ist.
Der Monat Elul ruft dazu auf, die Beziehung zu Gott zu erneuern. Es ist eine Zeit, in der das Volk eingeladen ist, Gottes Nähe zu suchen und sich mit ihm zu versöhnen. Das Bild „Der König ist im Feld“ verdeutlicht, dass Gott den ersten Schritt macht – er kommt den Menschen entgegen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich ihm auf einfache und direkte Weise zu nähern.
Ein persönlicher Gott – Nähe und Vergebung
Die Vorstellung, dass der König im Feld ist, drückt auch eine besondere Eigenschaft Gottes aus: Seine Bereitschaft zur Vergebung. Im Monat Elul wird Gott als ein barmherziger König beschrieben, der bereit ist, die Umkehrenden zu empfangen.
Diese Nähe Gottes ermutigt zu einer offenen und ehrlichen Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben. Es ist, als ob Gott sich beugt, um uns in unserer alltäglichen Umgebung zu begegnen, sei es bei der Arbeit, in der Schule oder im persönlichen Leben. Der Monat Elul bringt zum Ausdruck, dass Gottes Gnade nicht nur in Tempeln und Synagogen zu finden ist, sondern auch im Alltag, in den Feldern des Lebens.
Der Schofar – Der Weckruf zur Umkehr
Ein zentrales Symbol des Monats Elul ist das tägliche Blasen des Schofars, eines Widderhorns. Der Klang des Schofars ist ein Weckruf an die Seele. Er soll die Menschen daran erinnern, dass die Zeit der Umkehr und der Rückkehr zu Gott gekommen ist. Die Töne des Schofars – „Tekia“, „Schewarim“ und „Terua“ – sind symbolisch für das Rufen nach Gott, für Buße/Umkehr und für die Hoffnung auf göttliche Gnade.
Diese Tradition verbindet sich tief mit der Vorstellung, dass der König im Feld ist. Der Schofar ruft die Menschen dazu auf, die Gelegenheit zu nutzen, die Nähe Gottes zu suchen und ihre Herzen zu öffnen. Es ist ein Ruf zur geistlichen Erneuerung, eine Einladung, das vergangene Jahr zu reflektieren und mit einem reinen Herzen in das neue Jahr zu starten.
Die geistliche Botschaft von Elul – Der König wartet auf dich
Das Bild vom König im Feld offenbart eine tiefe Wahrheit über die Beziehung zwischen Gott und den Menschen. Während das Bild des Königs im Palast oft eine distanzierte Macht darstellt, bringt der König im Feld den Gedanken der Nähe, Zugänglichkeit und Vertrautheit zum Ausdruck. Gott ist in dieser Zeit besonders bereit, den Menschen entgegenzukommen, egal wo sie sich befinden.
Es ist eine Einladung an jeden Einzelnen, sich nicht von eigenen Fehlern oder Versäumnissen entmutigen zu lassen. Der König ist im Feld – das bedeutet, dass Gott sich inmitten unseres Alltags aufhält, bereit, uns zu vergeben und uns zu helfen, unsere Wege zu korrigieren. Elul erinnert daran, dass Gott auch in den alltäglichen Kämpfen und Herausforderungen des Lebens präsent ist.
Jesus Christus (Jeschua ha-Maschiach) – Der König, der zu seinem Volk kommt
Im biblischen Gesamtkontext hat das Bild des Königs im Feld eine tiefere messianische Bedeutung und erinnert an den irdischen Dienst Jesu. Jesus, der als König der Könige beschrieben wird, kam in die Welt, um den Menschen nahe zu sein. Ähnlich wie der König im Feld, der sich dem Volk nähert, verließ Jesus die himmlische Herrlichkeit und wurde Mensch, um unter uns zu leben (Joh 1,14).
Das Wort „wohnte“ in Johannes 1,14 bedeutet wörtlich „zeltete“ oder „schlug sein Zelt auf“. Der physische Leib Jesu war das Zelt, in dem er 33 Jahre lang unter uns Menschen lebte. Der Gedanke, dass Gott Sein Zelt bei uns aufrichtet und unter uns wohnt, ist gewaltig. Er ist im Grunde etwas Unbegreifliches. Aber es ist das, was bei der Menschwerdung Gottes geschah.
In diesem Zeitfenster von Elul sollten wir uns bewusst Jesus Christus als dem König der Könige nähern und ihm erlauben mit seinem Antlitz auf uns zu leuchten.
Man muss nicht lange suchen oder besondere Rituale vollziehen, um in Gottes Gegenwart zu treten – er ist bereits hier, bereit, uns zu begegnen. Elul kann somit auch als eine Zeit verstanden werden, in der Christen sich auf eine tiefere Begegnung mit Christus vorbereiten, auf das neue Jahr der geistlichen Erneuerung zugehen und ihre Beziehung zu ihm vertiefen.
Biblische Könige im Feld
Schauen wir uns ein paar biblische Beispiele für Könige auf dem Feld an.
In 2. Chronik 19 geht es um König Joschafat, der ins Feld zieht. In Vers 4 heißt es:
„Danach blieb Joschafat in Jerusalem; dann ging er wieder aus unter das Volk, von Beerscheba bis zum Bergland von Ephraim, und führte sie zu dem HERRN, dem Gott ihrer Väter, zurück“
Der König zog ins Feld, um die Herzen des Volkes zu Gott zurückzubringen, was ein Bild für Wiederherstellung der Beziehung ist. Als er unter das Volk ging, sah er Dinge, die Gott nicht gefielen. Ungerechtigkeit, Bestechung und Unterdrückung. Deshalb setzte er Richter ein, um der Unterdrückung ein Ende zu setzen und für Gerechtigkeit zu sorgen. Gott möchte, dass sein Volk seinen Charakter erfährt. Er möchte seine Gerechtigkeit, seine Rechtschaffenheit und seine Liebe offenbaren – und das wurde von den Menschen nicht gesehen.
Ein weiterer König, der auf das Feld hinausging, ist Melchisedek in 1. Mose 14. Melchisedek gab Abram Brot und Wein und segnete ihn mit den Worten:
„19 Und er segnete ihn und sprach: Gesegnet sei Abram von Gott, dem Allerhöchsten, dem Besitzer des Himmels und der Erde! 20 Und gelobt sei Gott, der Allerhöchste, der deine Feinde in deine Hand gegeben hat! Und [Abram] gab ihm den Zehnten von allem“
Als Abram vom Kampf erschöpft war, kam König Melchisedek auf das Feld, um ihn zu stärken und zu erfrischen. Er segnete Abram.
Dieser König, der seinen Thron verließ und auf das Feld kam, ist Jesus Christus. Er lebte unter uns in einem Zelt aus sterblichem Fleisch – als Gott, der zugänglich, gnädig und herrlich wurde. Er offenbarte Gottes Gunst, Liebe und Gerechtigkeit und kam, um ALLE zu befreien. Sein Ziel war es, uns in eine tiefe Beziehung mit dem Vater zu führen. So sieht es aus, wenn der König auf das Feld kommt.
Er ist der König der Könige, und in Offenbarung 1,6 heißt es, dass er uns zu Königen und Priestern gemacht hat. Nun sind wir diejenigen auf dem Feld. Wie sollte das aussehen? Wir sind dazu berufen, den Menschen zu dienen, sie herzlich zu empfangen und sie in die Nähe Gottes zu führen, so wie Joschafat das Volk wieder mit Gott versöhnte, indem er ihnen Seine Gerechtigkeit und Liebe offenbarte.
In 2. Korinther 5,20 heißt es: „So sind wir nun Botschafter für Christus, und zwar so, dass Gott selbst durch uns ermahnt; so bitten wir nun stellvertretend für Christus: Lasst euch versöhnen mit Gott!“ Wie Melchisedek sollen wir die Menschen stärken, erfrischen und ihnen zeigen, dass Gott sie segnen will – ihnen das Brot und den Wein anbieten, und vor allem Jesus selbst, der am Kreuz für sie gestorben ist.
Wie unser König Jesus sollten wir das Wesen des Vaters widerspiegeln: Seine Güte, Liebe und Gerechtigkeit. Seine Fähigkeit, ALLE zu heilen und zu befreien, und sie in eine lebendige Beziehung mit dem guten Vater zu bringen. Und das nicht nur im Monat Elul, sondern jederzeit.
Elul – Eine Zeit der Nähe und der Möglichkeiten
Der Monat Elul und das damit verbundene Bild „Der König ist im Feld“ bietet uns eine kraftvolle Botschaft: Gott ist nicht fern, er ist nahe. Er ist nicht nur der König auf dem Thron, sondern auch der König, der sich mitten im Alltag befindet, um uns zu begegnen. Diese Zeit ist eine Einladung zur Umkehr, zur Vergebung und zur Erneuerung.
Nutzen wir diesen Monat, um uns auf die bevorstehenden Hohen Feiertage vorzubereiten, unsere Beziehung zu Gott zu vertiefen und uns auf die Vergebung und Liebe einzulassen, die er uns in diesen besonderen Tagen anbietet. Der König ist im Feld – und er wartet auf uns.
Psalm 145,18
„Der HERR ist nahe allen, die ihn anrufen, allen, die ihn in Wahrheit anrufen“
Lies hierzu auch unseren Beitrag „Jemei Ratzon – Die 40 Tage der Gunst Gottes“
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Gottes Segen Euch allen!
1. Thessalonicher 5,23
„Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!“
Amen und Amen